Interview: Die Kraft der Erlebnispädagogik – Ein Kompass für Persönlichkeitsentwicklung und Teamgeist

Bernd Bischof: Frau Zanders, Sie sind seit vielen Jahren in der Erlebnispädagogik tätig. Was hat Sie dazu inspiriert, diesen Weg einzuschlagen?

Iris Zanders: Es war, als hätte ich in meiner Jugend einen verborgenen Pfad entdeckt. Damals nahm ich an einem erlebnispädagogischen Projekt teil und fühlte mich, als hätte jemand einen Funken in mir entfacht. Die Natur, die Herausforderungen und das Zusammenspiel mit anderen haben mir gezeigt, was in mir steckt. Dieses Erlebnis hat meinen inneren Kompass ausgerichtet und mich motiviert, anderen Menschen dieselbe Erfahrung zu ermöglichen.


Bischof: Sie sprechen von einem Funken und einem Kompass. Welche besonderen Kräfte hat die Erlebnispädagogik, die traditionelle Lernmethoden oft nicht erreichen?

Zanders: Stellen Sie sich vor, wir würden das Leben nur durch das Fenster eines Klassenzimmers betrachten. Vieles bleibt abstrakt, theoretisch, fern. Die Erlebnispädagogik öffnet die Tür und führt uns direkt hinaus ins Abenteuer – dahin, wo wir das Leben spüren. Die Teilnehmer werden auf unbekannte Gewässer geführt, wo sie ihr eigenes Segel setzen müssen. Es geht darum, Hindernisse zu überwinden und in der Praxis zu lernen. Die Emotionen, die dabei entstehen – Freude, Stolz, vielleicht auch mal Frustration – graben sich tief ins Bewusstsein ein. Dadurch entstehen Erfahrungen, die wie ein Leuchtturm im Gedächtnis bleiben.


Bischof: Haben Sie ein Beispiel, das verdeutlicht, wie Erlebnispädagogik Menschen verändert?

Zanders: Absolut. Ich erinnere mich an eine Gruppe Jugendlicher, die wie ein Haufen verstreuter Puzzleteile wirkte – jeder für sich, ohne Verbindung. Wir haben sie in eine Teamaufgabe geschickt: Sie mussten eine wackelige Brücke bauen, um einen Fluss zu überqueren. Am Anfang herrschte Chaos und Missmut. Doch mit der Zeit wurde aus dem Durcheinander eine Einheit. Als sie es schließlich gemeinsam schafften, war die Freude förmlich greifbar. Ein Teilnehmer sagte später: „Ich habe zum ersten Mal gemerkt, dass ich nicht allein die Welt stemmen muss – zusammen geht’s leichter.“ Das ist die Magie der Erlebnispädagogik: Aus Fremden werden Brückenbauer, aus Einzelkämpfern ein Team.


Bischof: Welche Zielgruppen profitieren besonders von solchen Erfahrungen?

Zanders: Die Erlebnispädagogik ist wie ein Werkzeugkasten, der für viele Herausforderungen Lösungen bietet. Jugendliche stehen oft an einer Weggabelung in ihrem Leben und suchen Orientierung. Durch Erlebnispädagogik lernen sie, dass sie nicht nur Passagiere ihres Lebens sind, sondern selbst das Steuer in der Hand halten. In Unternehmen hilft sie, den „Sand im Getriebe“ eines Teams zu beseitigen und den gemeinsamen Antrieb zu stärken. Besonders bemerkenswert ist der Einsatz bei Menschen mit Behinderungen oder sozialen Schwierigkeiten: Hier wirkt sie wie ein Schlüssel, der verschlossene Türen öffnet.


Bischof: Das klingt beeindruckend. Aber wo Licht ist, gibt es auch Schatten. Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in Ihrer Arbeit?

Zanders: Die größte Herausforderung ist, den richtigen Rahmen zu schaffen. Man kann niemanden einfach ins kalte Wasser werfen, ohne ein Rettungsboot bereitzuhalten. Sicherheit und Planung sind essenziell. Außerdem muss jede Aktivität wie ein Maßanzug zur Gruppe passen. Eine weitere Hürde ist der Transfer: Die Erfahrungen sind wie Samen, die man pflanzt. Sie müssen sorgfältig gepflegt werden, damit sie im Alltag Früchte tragen. Ohne Reflexion und Nachbereitung bleiben die Erlebnisse bloß schöne Erinnerungen, statt zu echtem Wachstum zu führen.


Bischof: Die Erlebnispädagogik scheint also ein Weg zu nachhaltiger Entwicklung zu sein. Wie sehen Sie ihre Zukunft? Gibt es Trends, die Sie besonders spannend finden?

Zanders: Ich denke, die Erlebnispädagogik wird immer mehr zu einem Anker in einer hektischen Welt. Viele Menschen sehnen sich nach Erdung und Verbindung zur Natur – und die Erlebnispädagogik bietet genau das. Besonders spannend finde ich die wachsende Integration von Umweltbewusstsein in unsere Programme. Es geht nicht nur darum, persönliche Herausforderungen zu meistern, sondern auch, Verantwortung für die Welt um uns herum zu übernehmen. Ein weiterer Trend sind hybride Formate: Digitale Tools können helfen, Erlebnisse nachzubereiten und den Transfer in den Alltag zu erleichtern.


Bischof: Frau Zanders, wenn Sie Erlebnispädagogik in einem Bild beschreiben müssten, welches würden Sie wählen?

Zanders: Ich würde sie als Berg beschreiben. Der Aufstieg ist anstrengend und voller Herausforderungen, doch oben angekommen eröffnet sich eine Aussicht, die einem den Atem raubt. Genau darum geht es: Sich selbst überwinden, neue Perspektiven gewinnen und mit diesem Blick weiter durchs Leben gehen.

Bischof: Vielen Dank für diese inspirierenden Einblicke, Frau Zanders.

Zanders: Ich danke Ihnen, Herr Bischof. Es war mir eine Freude, über das zu sprechen, was mein Herz höherschlagen lässt.

elena_Admin Verfasst von:

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert